Die Bewohner:innen des Münchner Förderzentrum Freimann (MFZ Freimann) benötigen aufgrund einer Körper- und Mehrfachbehinderung besondere Unterstützung. Tagsüber besuchen sie die angeschlossene Förderstätte bzw. Werkstatt. Ab ca. 16.00 Uhr und am Wochenende haben sie frei und Zeit für individuelle Aktivitäten. Doch wer im Rollstuhl sitzt und auch sonst körperlich eingeschränkt ist, dem stellen sich viele Hürden in den Weg: Ein- und Aussteigen in die U-Bahn, auf die Toilette gehen, Essen und Getränke bestellen und zu sich nehmen – ohne Unterstützung einer anderen Person geht dies oftmals nicht. Die hauptberuflichen Betreuer:innen haben nur selten Zeit, zu Konzerten oder Ausflügen in die Stadt zu begleiten. Deshalb freuen sich die Bewohner:innen des MFZ über Ehrenamtliche, mit denen sie – idealerweise regelmäßig – etwas unternehmen und sich austauschen können.
Wir achten darauf, dass die Interessen zusammenpassen
Jennifer Melzl ist Ansprechpartnerin für Ehrenamtliche im Münchner Förderzentrum Freimann und bringt die Freizeit-Tandems zusammen. Spazierengehen, Fußballspiele anschauen, Konzerte besuchen – die Interessen von Menschen mit Behinderung sind vielfältig und individuell. „Wir achten darauf, dass die Interessen und Vorstellungen der beiden zusammenpassen,“ erklärt die Freiwilligen-Koordinatorin. „Manchmal haben die Bewohner:innen ganz klare Vorstellungen und Ideen. Dann schauen wir, ob der Freiwillige darauf Lust hat. Die Freiwilligen können aber auch eigene Ideen einbringen.“
Normalerweise trifft sich das Freizeit-Tandem regelmäßig über einen längeren Zeitraum hinweg. „Die Termine und Intervalle können individuell abgesprochen werden“, erklärt Jennifer Melzl, „entweder mit dem Bewohner direkt oder über die Betreuer:innen in den Wohngruppen.“ Ein Pluspunkt: Bei Konzerten, Fußballspielen oder anderen Veranstaltungen haben die Begleitpersonen in der Regel freien Eintritt.
Berührungsängste sind schnell verflogen
Die studierte Sozialpädagogin und Betriebswirtin arbeitet seit 2024 im Münchner Förderzentrum Freimann. Vorher war sie in einem anderen Bereich tätig und kennt die Befürchtungen und Ängste, die viele Freiwillige bei einem ersten Besuch in der Einrichtung haben, aus eigenem Erleben. „Kann ich das? Muss ich pflegen? Was soll ich reden? Verstehe ich die Person überhaupt? Dies sind Fragen, die viele Freiwillige am Anfang haben. Wir verstehen das,“ sagt Jennifer Melzl. Interessierte Freiwillige können deshalb vorbeikommen und sich umschauen. „Unsere Bewohner führen dann durchs Haus und man bekommt einen ersten Eindruck,“ erklärt die Freiwilligen-Koordinatorin. „Man läuft hier über den Flur, lächelt sich an und schon ist man mittendrin.“
Freiwillige erhalten viel Unterstützung
Wer sich für ein Engagement als Freizeit-Begleiter:in entscheidet, erhält viel Unterstützung. „Beim ersten Treffen ist immer jemand aus dem Haus dabei.“ berichtet Jennifer Melzl, „Wir führen durch die Einrichtung und zeigen, was beim Schieben eines Rollstuhls beachtet werden muss.“ Zusätzlich bietet das Münchner Förderzentrum Freimann Öffentlichkeitstrainings an. Hier erfahren die Freiwilligen, worauf sie unterwegs achten sollten. „Es gibt nichts, was man nicht erklären kann,“ sagt die Freiwilligen-Koordinatorin, „Freiwillige können die Freizeitbegleitung einfach mal ausprobieren. Wenn das Tandem nicht passt, aber der Ehrenamtliche weiterhin Lust hat sich zu engagieren, dann suchen wir eine neue Tandempaarung oder ein ehrenamtliches Angebot, an dem die Person sich engagieren kann.“
Doch die Erfahrung der Sozialpädagogin ist, dass die Bewohner:innen viele Befürchtungen abnehmen. Sie sagen klar, was sie brauchen und möchten. „Unsere Bewohner:innen sind sehr geduldig und helfen mit. Man trifft hier auf gut gelaunte Menschen und hat viel Spaß, „sagt Jennifer Melzl, „und man bekommt schnell ein Gespür dafür, was sie brauchen.“
Gemeinsam Neues entdecken und schöne Erfahrungen ermöglichen
Bei der Vermittlung der Freizeit-Tandems nehmen sich Jennifer Melzl und ihre Kolleg:innen viel Zeit. „Ich führe ein ausführliches Erstgespräch mit dem oder der Freiwilligen und erfahre viel von den Wünschen und Interessen. Anschließend schauen wir, wer zu wem passen könnte.“ Beim ersten Kennenlernen ist immer jemand aus der Einrichtung dabei.
Ehrenamtliche bekommen selbst viel zurück. „Unsere Bewohner:innen sind sehr dankbar und ehrlich,“ berichtet Jennifer Melzl, „Sie freuen sich und sind voll dabei. Die Freiwilligen merken, dass sie jemandem eine Freude machen und können viel Neues entdecken.“
Für die Freiwilligen-Koordinatorin selbst ist es ein besonderes Highlight, wenn die Bewohner:innen von einer Unternehmung glücklich zurückkommen und erzählen, dass sie so eine schöne Erfahrung gemacht haben. „Sie haben dann leuchtende Augen und erzählen sehr viel,“ freut sich Jennifer Melzl.