Mit einer „Begegnung in Patenschaft“ (BiP) gemeinsam über den Tellerand schauen

Oliver

Podcast

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Oliver ist Autor und Redner, also oft eher theoretisch unterwegs. Das Ehrenamt gibt ihm Gelegenheit, ganz praktisch für jemanden da sein zu können. Und ermöglicht ihm Einblick in gesellschaftliche Gegenden, die man sonst oft kaum streift.Oli und sein Patenkind

 

Was hat Dich dazu motiviert, freiwillig aktiv zu werden?

Ich arbeite mittlerweile die meiste Zeit alleine vor mich hin – vom Homeoffice aus für’s Fernsehen. Das ist ganz schön einsam auf die Dauer. Ich wollte mal ein bisschen rauskommen, und zwar nicht nur in Kneipen und Biergärten. Also habe ich gedacht: Mir hat es als Jugendlicher total gutgetan, Erwachsene in einer Art Mentorenfunktion zu haben – vielleicht profitieren bei so einer ehrenamtlichen Tätigkeit ja beide, die Patenschaft und ich auch.

Wo engagierst Du Dich und was machst Du dort genau?

BiP ist ein ganz klassisches freiwilliges Engagement: Die Stadt tut was für den solidarischen Zusammenhalt der Bürger und vermittelt Ehrenamtliche, die quasi als ziviler Arm die städtischen Sozialarbeiter unterstützen. Die Freiwilligenmanagerinnen Aya und Tanja haben mir ein paar verschiedene Patenschaften vorgestellt, und ich habe mich für Osman entschieden. Er ist 13 und seit sechs Jahren in Deutschland, mit sieben Geschwistern und einer alleinerziehenden Mutter. Osman brauchte eigentlich Nachhilfe in Englisch. Dass das selten hinhaut, weil er um die Uhrzeit, wo wir verabredet sind, schon acht Stunden Schule und Mathe-Nachhilfe hinter sich hat und dann nicht noch Englisch büffeln kann – na ja, geschenkt. Machen wir halt was anderes. Und Englisch mehr so nebenbei.

Welchen Gewinn siehst Du für Dich selbst?

So komisch das klingt, aber ich sehe mich selbst ein bisschen in Osman. Ich war zwar nicht so im wörtlichen Sinne fremd, aber als Kind und Jugendlicher kam ich mir oft nicht dazugehörig vor, irgendwie nicht aufgehoben. Und mir hat es damals gut getan, mit Sozpäds in einem Medienverein zu tun zu haben, wo wir mit einer Jugend-Redaktion eine Zeitschrift gemacht haben. Dass ich jetzt sozusagen der Erwachsene bin, der so „nichts will“ wie Erwachsene eigentlich sonst immer, Lehrer, Eltern, aber dafür ein offenes Ohr hat und so ein paar kulturelle Leitplanken geben kann: Das tut mir selbst verblüffend gut.

Überraschend … und dann auch wieder nicht … fand ich, dass Osmans Familie eigentlich echt gut aufgestellt ist: Seine kleinen Schwestern sind im Gymnasium ziemlich ehrgeizig und gut, seine Mutter war in Afghanistan Krankenschwester und Hebamme in der Praxis ihres Mannes, der Dorfarzt war – die Familie war in Afghanistan also eher gehobene Mittel- oder sogar Oberschicht. Klingt seltsam, aber das merkt man: Die wollen alle was. Die sind nicht hier, um sich zurückzulehnen, sondern weil es wegen der Taliban halt wirklich nicht mehr ging. Und Osman ist auch ziemlich schlau, nur fliegt er so als mittleres Kind – von acht, wie gesagt! – ein bisschen unter dem Radar. Aber ein bisschen Aufmerksamkeit hilft da, glaube ich, schon ganz schön, um Potenzial ans Tageslicht zu fördern.

Welche Tipps hast Du für andere Menschen, die sich auch engagieren möchten?

Fühlt euch nicht festgelegt gleich bei der Suche nach einem Ehrenamt, schaut euch lieber ein paar verschiedene Möglichkeiten an, bevor ihr euch für etwas entscheidet. Ich lese jetzt auch noch an einer Grundschule einmal die Woche vor, das macht auch Spaß. Am liebsten hätte ich auch noch was mit unserem Hund gemacht, Alte oder Kranke besucht, das geht nämlich auch. Aber ich merke schon, dass dafür meine Zeit nicht reichen würde, und die Phase, in der ich zwischendurch mal sehr wenig zu tun hatte, ist eventuell eh bald vorbei … da muss ich mir meine Zeit doch ein bisschen einteilen.

Autor:in: Oliver Nagel
Gespräch vom: 28.6. 2024

Hier ist Oliver ehrenamtlich engagiert

BiP – Begegnung in Patenschaft der LHM
Organisation
Gruppe von Pat:innen und Ihren Schützlingen
Foto: Marcus Gschwendtner | BiP
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