In München leben rund 9.000 Menschen in städtischen Notunterkünften und zwischen 550 bis 1.000 Personen auf der Straße. Die Situation dieser Menschen zu verbessern, ist das Ziel der Teestube „komm“. Der 1980 gegründete Tagesaufenthalt für wohnungslose Menschen ist 365 Tage im Jahr von 14.00 bis 20.00 Uhr geöffnet. Rund 70 Sitzplätze stehen zur Verfügung. In der Teestube finden die Gäste alles, was sie im Alltag brauchen, aber auf der Straße nicht haben: Duschen, eine Küche, eine Postadresse, Waschmaschinen, einen Fernseher, WLAN und Tageszeitungen. Es gibt auch alkoholfreie Getränke zum Selbstkostenpreis. Die Angebote werden ergänzt durch ein umfangreiches Beratungsangebot.
Das Vertrauen der Menschen gewinnen
Christof Lochner ist stellvertretender Leiter der Einrichtung. Viele Jahre lang war er selbst als Streetworker tätig. „Bei uns ist jeder willkommen.“ sagt er.
Wir wollen, dass sich die Menschen bei uns wohlfühlen, weil es in München nicht viele Orte gibt, wo sie sich aufhalten können. Wir wollen erreichen, dass sie unsere sozialpädagogischen Hilfen annehmen.
Für viele sei es sehr schwer, sich einzugestehen, dass sie hilfsbedürftig sind und es nicht allein schaffen, ihr Leben nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Christof Lochner berichtet, dass viele auch von schlechten Erfahrungen mit Behörden und Ämtern erzählten, und Hilfe nur zögerlich in Anspruch nähmen. Hinzu kommen individuelle Probleme wie psychische Erkrankungen oder Süchte. Mehr Männer als Frauen besuchen die Teestube. Der Altersdurchschnitt liegt bei 40 Jahren und die Gäste sind internationaler als früher. Für alle gelten feste Regeln: kein Alkohol, keine Drogen, keine Gewalt.
Das „komm“-Team besteht aus 18 hauptamtlichen Kräften und aktuell 20 Ehrenamtlichen. Weitere ehrenamtliche Verstärkung wird dringend gesucht! Für die Freiwilligen gibt es zwei Aufgabenbereiche: Im Thekenbereich ist man im direkten Kontakt, gibt Getränke aus und führt Gespräche mit den Besucher:innen. Andere Ehrenamtliche geben die Post aus und koordinieren die Nutzung der Küche, der Duschen und Waschmaschinen.
Der persönliche Kontakt steht im Mittelpunkt
Ein Engagement ist an sieben Tagen in der Woche möglich. Pro Tag gibt es zwei Schichten: von 14 bis 17 Uhr und von 17 bis 20 Uhr. Die Ehrenamtlichen können sich ihre Dienste selbst einteilen. Da die Beziehung und der Kontakt zu den Besucher:innen der Teestube im Vordergrund stehen, wünscht sich Christof Lochner, dass die Ehrenamtlichen einmal in der Woche, mindestens alle zwei Wochen aktiv sind. Auch sollte man längerfristig planen können. „Bei einem Engagement für uns stehen die menschlichen Beziehungen im Vordergrund,“ erklärt der Sozialpädagoge, „deshalb wünschen wir uns, dass Ehrenamtliche mindestens sechs, besser zwölf Monate bleiben“. Für ihn sind Zuverlässigkeit, Offenheit und Empathie die wichtigsten Eigenschaften, die Ehrenamtliche mitbringen sollten. „Wir interessieren uns für die Menschen, die zu uns kommen. Wir zeigen, dass man sie wertschätzt und sie hier willkommen sind.“
Das Engagement der Freiwilligen ist für die Teestube und ihre Gäste von großer Bedeutung: Sie merken, dass es Menschen gibt, die sich für sie interessieren und mit denen sie sprechen können. Sie fühlen sich gesehen, nicht nur von bezahlten Sozialarbeitern, sondern auch von Münchner:innen, die ihnen ihre Zeit schenken.
Die Ärmsten der Armen erhalten so ein Signal, dass sie nicht allein sind.
betont Christof Lochner. „Es sind unfassbar spannende Biografien darunter. Viele unserer Besucher:innen sind sehr klug und gebildet, oft auch sehr lebensfroh.“ Die Ehrenamtlichen seien durch diese Begegnungen häufig sehr berührt.
Neue Ehrenamtliche werden am Anfang von erfahrenen Engagierten begleitet. Die Einarbeitung findet immer an der Theke statt, so dass sie die verschiedenen Angebote der Teestube und die Besucher:innen kennenlernen können. „Eine Herausforderung ist, dass es häufig zeitgleich viel zu tun gibt.“ erklärt Christof Lochner. „Dann gilt es, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen und eins nach dem anderen zu erledigen. Aber daran gewöhnt man sich recht schnell.“ Ihn selbst motiviert, zu sehen, dass Veränderungen möglich sind, dass Menschen wieder Mut und Vertrauen in die Zukunft fassen und es noch mal neu versuchen.
Es ist nicht alles zu Ende, wenn man auf der Straße gelandet ist, es gibt durchaus Möglichkeiten, die Straße wieder zu verlassen.